2010 Ina Hochreuther

Erwin Holl

 Verrätselt wirken die großformatigen Bilder von Erwin Holl. Überlagerte Bildräume, Mehrschichtigkeit, unterschiedliche malerische Gestaltungen finden sich hier. Auf den ersten Blick aber erscheinen die neuen Arbeiten fast monochrom in ihrer kühlen zurückhaltenden Farbgebung, egal ob sie dezent ins Bläuliche, Kaltgelbliche oder Nebliggraue tendieren. Auf den zweiten Blick lassen sich Zeichnungen von maschinenartigen Gegenständen ausmachen. Selbst wenn die Umrisslinien mit Acryl akzentuiert sind und dadurch etwas Haptisches bekommen, erschließen sie sich dem Betrachter nicht unbedingt, was durchaus beabsichtigt ist. Die „Geräte“ stehen auf einem Untergrund in einem ansonsten nach allen Seiten hin offenen Bildraum. Grafische Elemente wie Linien, Ecken oder sogar angeschnittene Buchstaben, deren Wortsinn sich nur schwierig ergründen lässt, schaffen einen zweiten Bildraum im Vordergrund. Sie begrenzen das Gesamtbild auf diese Weise und geben ihm einen Rahmen. An sie gebunden schaut man quasi auf die dahinter liegende „Szene“. Mehrfach dünn aufgetragene, lasierende Farbschichten erzeugen einen eisig anmutenden Farbraum mit Tiefe und Weite. Nicht glatt und steril kommen sie daher, sondern wolkig, streifig, Weiß- und Grautönen weitere Farbnuancen verleihend. Eine arktische Kälte meint man hier zu verspüren, die sich allerdings nicht konkret auf die Pole unserer Erde bezieht, sondern allgemein auf Umweltzerstörung, Krieg oder Überwachung verweist, auf lauter Dinge also, die metaphorisch ausgedrückt „Frostigkeit“, eigentlich aber Gefühllosigkeit und Bedrohung in das menschliche Dasein bringen.

Ina Hochreuther

 In: Katalog „Weiss“, ice/white, Kunstverein KISS e.V., Schloss Untergröningen. 2010